KI-Bildgeneratoren: Herausforderung oder Chance für die Illustration?

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© Tobias Wüstefeld

KI-Bildgeneratoren: Herausforderung oder Chance für die Illustration?

07.10.2022 | 2022 | IO-News | Rund um Illustration

Seit Mitte diesen Jahres sind sie in aller Munde: Bildgeneratoren wie Dall E 2, Stable Diffusion oder Midjourney, die aufgrund von einfachen Texteingaben beeindruckende Bilder erzeugen können. Dies geschieht mit Hilfe von künstlicher Intelligenz. Die Technik steckt noch in den Kinderschuhen und entwickelt sich rasant.

Anwendung findet die Technologie bereits in verschiedenen Illustrationszweigen wie Concept- und Character Design für Film- und Gaming Industrie; es wurden ebenfalls bereits die ersten Graphic Novels mithilfe von KI erstellt und ein Kunstwerk, das komplett mithilfe des Bildgenerators Midjourney gestaltet wurde gewann in einem Kunstwettbewerb in Amerika den ersten Preis.

International renommierte Künstler wie Dave McKean und James Gurney vergleichen den Paradigmenwechsel, den die Bildgeneratoren mittelfristig für die bildende Kunst bedeuten, mit der Erfindung der Fotografie für den Berufsstand des Kunstmalers. Was bedeutet diese Entwicklung für uns Illustratoren und wie können wir damit umgehen?

Die Prognosen sind von Experten vorsichtig eingeschätzt, dass ein Illustrator oder Designer mit Hilfe von künstlicher Intelligenz einerseits 2-3 bzw 6 mal so schnell arbeiten können wird als bisher während ein potentieller Verlust an Arbeitsstellen in der Kreativbranche bis 2029 mit bis zu 60% angegeben wird. Dies sind mit Vorsicht zu betrachtende Spekulationen von Experten, die es gleichwohl im Auge zu behalten gilt.

Sind von der Entwicklung nur bestimmte Branchen der Illustration betroffen? Während insbesondere in den sozialen Netzwerken bisweilen recht eintönig wirkende aber äußerst realistisch gerenderte quasi surrealistische Bildwelten dominieren sind die Gestaltungsmöglichkeiten schier unbegrenzt: KI kann ebenfalls angewandt werden für Logo Designs, Buchcover- und Kinderbuchillustrationen und ebenfalls für sequentielle Kunst wie Graphic Novels (auch wenn die Systeme hier noch vor Herausforderungen stehen). Meta veröffentlichte kürzlich die ersten mit KI generierten Animationen, kurz gefolgt von Google KI. Auf der Startseite von Dall E 2 gibt es verschiedene Stilbeispiele, die die Vielfalt der Möglichkeiten illustrieren: Link

Kurzum: wir stehen in der ganzen Branche vor einem grundsätzlichen Paradigmenwechsel, für den wir gewappnet sein sollten.

Verschiedene Fragen ergeben sich hieraus: Was für eine Bedeutung hat die KI für Verwertungsgesellschaften wie die VG Bild-Kunst? Wenn eine KI mit Illustrationen von mir angelernt wurde, habe ich z.B. Anspruch auf eine Ausschüttung aus hieraus generierten Bildern? Greg Rutkowski, ein polnischer Illustrator mit Schwerpunkt auf Fantasy und Concept Illustration ist so ein Fall: Wenn man nach seinem Namen sucht spuckt Google mehr Bilder aus, die in einer KI unter Verwendung seines Namens produziert wurden als man seine Originale auf Plattformen wie z.B. Artstation findet: weit über 100000 mal wurde sein Name in Prompts (so nennt man die Textzeile, aus der das Bild generiert wird) verwendet, um ein Bild in seinem Stil zu generieren. Im Vergleich hierzu gab es nur ca 2000, die klassische Künstler wie Michelangelo oder Picasso referenzierten. Auch die Diskussion rund um Nutzungs- und Urheberrechte ist derzeit in vollem Gange: Stable Diffusion zum Beispiel lässt alle durch sie generierte Bilder unter der Creative Commons Lizenz laufen.

Wollen wir als Berufsstand zukunftsfähig bleiben, kommen wir nicht umhin uns dem Thema KI anzunehmen und sowohl Positionen als auch Strategien zu entwickeln, die es uns ermöglichen auch weiterhin erfolgreich von und mit Illustration zu leben.

 

Christian Schlierkamp
Vorstandsmitglied der Illustratoren Organisation e.V.