Comic rockt! Die bayerische Comic-Szene erhält Förderung durch Politik

Comic rockt! Die bayerische Comic-Szene erhält Förderung durch Politik

07.10.2022 | 2022 | IO und Partner | IO-News | Rund um Illustration

Comic-Schaffende sitzen zwischen allen Stühlen. Sie gelten nicht als bildende Künstler*innen, weil ihr Werk meist in Buchform erscheint. Sie sind keine klassischen Autor*innen, weil ihnen das Bild so wichtig ist wie die Schrift. Sie sind aber auch keine reinen Illustrator*innen und erst recht keine Filmemacher*innen, obwohl die Strukturen von Comics oft Filmen ähneln. Diese Zwischenstellung hat weitreichende Folgen: Bei der Ausbildung, bei der Honorierung und auch bei der Förderung fällt Comic-Kunst meist durch alle Raster.

Das bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst hat nun einen Antrag auf Netzwerkförderung bewilligt, den eine Gruppe von Zeichner*innen im vergangenen August eingereicht hatte. Das Ziel der Förderung: Im Rahmen des Projekts „Neustart Freie Szene“ soll sich die bayerische Comic-Szene über ihre Arbeitsbedingungen austauschen und bayernweit vernetzen. Die Illustratoren Organisation e. V. (IO) ist als Projektträgerin mit im Boot und unterstützt die Initiative tatkräftig.

Um die dringend benötigten Orte für Austausch, Zusammenarbeit und Sichtbarkeit zu schaffen, sind bis Februar 2023 gleich drei Formate geplant. Die Auftaktveranstaltung „Establishing Shot“ findet am 4. und 5. November in der Monacensia in München statt. „Establishing Shot“, der Fachbegriff für das erste Panel eines Comics, in dem die Szene gesetzt, mit Personal ausgestattet und verortet wird, verdeutlicht das Ziel des zweitägigen Treffens: Die bayerischen Comic-Akteur*innen wollen sich als Institution formieren, ihre eigene Kommunikationsplattform einrichten und in selbstorganisierten Workshops über ihre Arbeitsweisen austauschen. Diese Bestandsaufnahme soll in ein Manifest und eine Website münden.

Das zweite Format ist eine Lesungsreihe mit dem Titel „Talking Heads“, die im Herbst und Winter in verschiedenen bayerischen Städten geplant ist. Die Lesungen, die einmal im Monat in privaten Ateliers stattfinden werden, sollen dabei nicht nur das Werk mehrerer Autor*innen vorstellen, sondern laden gleichzeitig zu Begegnung und Austausch ein. In einem Werkstattgespräch erhält das Publikum einen exklusiven Einblick in Skizzen, Konzepte und Notizen zum Schaffensprozess.

Das dritte Format ist eine Tagung mit dem Titel „Panel Panel“, die im Februar 2023 stattfinden soll. Da Comics zunehmend zum Forschungsgegenstand in Fächern wie Geschichte, Gender Studies oder Amerikanistik/Anglistik werden, sollen hier Comic-Schaffende mit Forschenden in den Dialog treten. In einer aktuellen Form von interdisziplinärer Begegnung, für die es bereits Beispiele im internationalen Raum gibt, soll erstmals auch in Bayern der forschend-zeichnerische Zugang von Comic-Schaffenden ausgelotet werden. Wie werden historische, politische oder wissenschaftliche Stoffe künstlerisch sichtbar gemacht, wie arbeitet etwa die historische Forschung und Vermittlung bereits mit Visualisierung? Welche Möglichkeiten der künstlerischen Herangehensweise gibt es? Wie können sich diese Räume gegenseitig interdisziplinär inspirieren und wie kann man miteinander ins Gespräch kommen, um an das wichtigste Ziel zu gelangen: ein größeres, diverseres und jüngeres Publikum zu erreichen für die relevanten Fragen unserer Zeit.

Für alle drei Formate gilt: Sie sind eine Einladung an Comic-Schaffende, sich besser zu vernetzen, über ihre Arbeit auszutauschen und Spaß dabei zu haben. Außerdem sollen möglichst viele Menschen für die Kunstform Comic begeistert werden. Die Initiator*innen freuen sich auf einen aufregenden Comic-Herbst und -Winter.