Neue Studie belegt: KI-Training verletzt Urheberrechte

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Illustration: Christian Effenberger

Neue Studie belegt: KI-Training verletzt Urheberrechte

11.09.2024 | 2024 | IO-News | KI News
Am vergangenen Donnerstag wurde im Europäischen Parlament eine neue wissenschaftliche Studie mit brisantem Inhalt vorgestellt. Darin wird nachgewiesen, dass das Training generativer KI eindeutig nicht durch die in §44b Urheberrechtsgesetz gegebene Erlaubnis zum Data-Mining gedeckt ist. Die Studie liefert damit in der emotional geführten Debatte erstmals eine fundierte Faktenbasis auch für die Politik.

Im Frühjahr 2024 gab die Initiative Urheberrecht, bei der auch die IO Mitglied ist, ein sogenanntes Tandem-Gutachten in Auftrag: Zwei Fachexperten sollten im Rahmen einer großen Studie prüfen, inwieweit beim Training generativer Künstlicher Intelligenz die Rechte von Kreativen geachtet oder verletzt werden. Das Autoren-Duo aus einem Informatiker und einem Rechtswissenschaftler stellte dabei sicher, dass sowohl die technische als auch die juristische Seite des Themas in der Studie optimal abgedeckt werden.

Die Experten sind:

Prof. Dr.-Ing. Sebastian Stober, Professor für Künstliche Intelligenz an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg

Prof. Dr. Tim W. Dornis, Professor für Bürgerliches Recht und gewerblichen Rechtsschutz an der Leibniz-Universität Hannover

 

In der 144 Seiten starken Studie stellen die Autoren nun zweifelsfrei fest, dass es beim Training generativer KI-Modelle auf zahlreichen Verarbeitungsebenen zur „Vervielfältigung urheberrechtlich geschützter Werke im Sinne des § 16 Abs. 1 UrhG“ kommt.

Im Klartext: Beim KI-Training kommt es permanent zu massenhaften Rechtsbrüchen.

Und zwar…

  1. …beim Sammeln, Vorbereiten und Speichern der beim Training verwerteten geschützten Werke.
  2. …durch die Vervielfältigung von Werken beim „Pre-Training“ und „Fine-Tuning“ im Innern des Modells.
  3. …durch Nutzende von KI-Systemen wie ChatGPT, welche die dem Training zugrunde liegenden Werke vervielfältigen und umgestalten.
  4. …durch das Anbieten der KI-Systeme zur Nutzung oder zum Download, was aus rechtlicher Sicht einer öffentlichen Zugänglichmachung (§§ 15 Abs. 2 Nr. 2, 19a UrhG) der beim Training im Innern des Modells vervielfältigten Werke entspricht.

Darüber hinaus sind sich die Experten einig, dass das Training eindeutig nicht durch die in §44b Urheberrechtsgesetz erlaubte Nutzung von digitalen Werken zum Text und Data Mining gedeckt ist. Zudem gibt es aus Sicht der Experten derzeit keinerlei deutsche oder europäische gesetzliche Regelung, die diesen massiven Rechtsbruch verhindert, einschränkt oder etwa durch Lizenzgebührenzahlungen kompensiert.

Hanna Möllers, Justiziarin des DJV und Vertreterin des europäischen Dachverbands der Journalisten (EFJ), sieht nun die Politik in der Pflicht: „Diese Studie hat Sprengkraft, weil sie belegt, dass wir es hier mit einem groß angelegten Diebstahl am geistigen Eigentum zu tun haben. Nun liegt der Ball bei der Politik, daraus die nötigen Konsequenzen zu ziehen und dem Raubzug zu Lasten von Journalist:innen und anderen Urheber:innen endlich ein Ende zu setzen.“

Der CDU-Digitalpolitiker im Europäischen Parlament und Gastgeber der Vorstellungsveranstaltung Axel Voss kommentiert die Ergebnisse vorsichtiger, zeigt sich aber zumindest offen für eine fortgesetzte Debatte. So freut er sich, dass „die Studie nicht nur belegt, dass das Training von Modellen Generativer KI nicht vom Text- und Data-Mining abgedeckt ist, sondern dass sie zudem weitere wichtige Hinweise und Anregungen für ein besseres Gleichgewicht zwischen dem Schutz der menschlichen Kreativität und der Förderung von KI-Innovationen aufzeigt.“

Matthias Hornschuh, Komponist und Sprecher der Initiative Urheberrecht, zeigt eine mögliche Gebührenlösung auf: „Da wäre ein neuer, ertragreicher Lizenzmarkt am Horizont, doch es fließen keine Vergütungen, während die Generative KI sich anschickt, diejenigen, von deren Inhalten sie lebt, in deren eigenem Markt zu ersetzen. Das gefährdet professionelle Wissensarbeit und kann nicht in unser aller gesellschaftlichem, nicht im kulturellen und ausdrücklich nicht im volkswirtschaftlichen Interesse sein. Umso besser, dass die Autoren unserer Tandemstudie die technologische und urheberrechtliche Basis dafür liefern, die juristische Betrachtung generativer Künstlicher Intelligenz endlich vom Kopf auf die Füße zu stellen.“

 

Wir behalten die Debatte weiter aktiv im Blick und informieren unsere Mitglieder regelmäßig und aktuell auf dieser Seite.

Die Presseerklärung der Initiative Urheberrecht zur Studie findet sich hier

Die vollständige Studie steht hier zum Download bereit

Weitere Informationen und FAQ zum Thema generative KI finden sich auch auf unserer Unterseite Generative Künstliche Intelligenz.