Der Fall:
Der gemeinnützige Verein LAION möchte die Forschung im Bereich Künstliche Intelligenz fördern und hat dazu den offenen Datensatz „LAION 5B“ veröffentlicht. Darin enthalten sind knapp sechs Milliarden Bild-Text-Paare, die unter anderem auch von Unternehmen wie Stability AI zum Training ihrer KI-Modelle verwendet werden. Teil des Datensatzes ist nachweislich auch ein Bild des Fotografen Robert Kneschke, das dieser bei der Online-Fotoagentur Bigstock hochgeladen hatte. Bigstock wiederum untersagt in seinen Nutzungsbedingungen das „downloading“ oder „scraping“ – also das Datensammeln – der Bilder durch automatisierte Programme.
Robert Kneschke sieht in der Nutzung seines Bildes durch LAION und die Missachtung des Nutzungsvorbehalts seine Rechte verletzt. Da es dazu bislang noch keine Urteile deutscher Gerichte gab, war die Entscheidung aus Hamburg sowohl von Kreativen als auch von KI-Tech-Unternehmen mit Spannung erwartet worden.
Das Urteil:
Das Landgericht Hamburg weist Kneschkes Klage ab. In der Begründung heißt es, dass der Download des betreffenden Bildes durch LAION von der Schrankenregelung im Urhebergesetz (§ 60d UrhG) gedeckt sei. Der betreffende Paragraph erlaubt das sogenannte Text und Data Mining für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung. Dieses ist im Gesetz definiert als „automatisierte Analyse von einzelnen oder mehreren digitalen oder digitalisierten Werken, um daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen zu gewinnen“. Genau das – so das Gericht weiter – habe LAION als gemeinnütziger Verein mit dem Aufbau des Datensatzes LAION 5B auch getan. Dass dieser später für das Training von KI-Systemen genutzt werden konnte, ändere an dieser Beurteilung nichts, da der ursprüngliche Zweck der Datenerhebung im wissenschaftlichen Kontext lag. Der Argumentation Kneschkes, dass LAION ja auch mit privatwirtschaftlichen Unternehmen wie Stability AI kooperiere und deshalb nicht als wissenschaftliche Forschungseinrichtung gewertet werden könne, folgte das Gericht nicht.
Das Positive:
Aus Sicht des Gerichts ist der vorliegende Fall klar: LAION durfte so handeln, weil § 60d UrhG es erlaubte. Laut Urteil seien deshalb der Nutzungsvorbehalt für das betreffende Bild bei Bigstock und die Datennutzung zum KI-Training für den vorliegenden Fall gar nicht relevant und hätten daher auch nicht durch das Gericht entschieden werden müssen.
Trotzdem hat das Gericht auch zu diesem hier nicht relevanten Punkt eine Einschätzung abgegeben. Nach § 44b UrhG ist beim automatisierten Text und Data Mining ein Nutzungsvorbehalt bei online zugänglichen Werken nur dann wirksam, wenn er in „maschinenlesbarer Form“ erfolgt. Im vorliegenden Fall war der Nutzungsvorbehalt auf der Webseite von Bigstock aber nur in „natürlicher Sprache“ formuliert.
Was „maschinenlesbare Form“ genau bedeutet, ist aber nach wie vor nicht abschließend geklärt. Und genau hier gibt das Urteil einen wichtigen Fingerzeig. Denn nach Meinung des Gerichts müsse an diesem Punkt der fortschreitenden Entwicklung von KI-Anwendungen Rechnung getragen werden, die ja zumindest heute schon in der Lage sind, in natürlicher Sprache geschriebene Textinhalte zu erfassen.
Aus rechtlicher Sicht könnte also künftig auch ein einfacher Widerspruchssatz im Impressum der eigenen Website ausreichen, um eine Nutzung der eigenen Werke für das privatwirtschaftliche KI-Training zu unterbinden.
Unser Fazit:
Aus Sicht der IO halten sich die negativen Auswirkungen des Urteils für die Kreativbranche in Grenzen. Denn das Gericht hat lediglich festgestellt, dass das Handeln von LAION – also die Erstellung eines Datensatzes zu wissenschaftlichen Zwecken – legal war. Explizit NICHT entschieden hat die Kammer über die Nutzung des Datensatzes zum KI-Training durch Dritte. Hierzu hätte sich die Klage wohl nicht an LAION, sondern an einen entsprechenden KI-Anbieter richten müssen. Grundsätzlich – das ist die positive Nachricht – weicht das Gericht nicht von den Ergebnissen der Tandem-Studie ab (siehe News vom 11.09.2024). Diese hatte ja festgestellt, dass das Training generativer KI eindeutig nicht durch die in §44b Urheberrechtsgesetz gegebene Erlaubnis zum Data-Mining gedeckt ist.
Wie deutsche Gerichte das KI-Training in konkreten Fällen bewerten, werden deshalb erst weitere Klagen zeigen, die sich direkt an KI-Firmen richten.