Interview mit Antje Herzog

Interview mit Antje Herzog

06.11.2013 | 2013 | Interview | IO-News | Personen und Meinungen

Du lebst und arbeitest in Köln. Wie bist du zur Illustration gekommen?

Mein Kunstlehrer hatte mir in der Oberstufe ein Praktikum bei einer Werbeagentur vermittelt. Er ist unmittelbar danach verstorben und ich beschloss seinem Rat zu folgen: ich habe Grafik Design mit Schwerpunkt Illustration in Düsseldorf studiert. Dort wurde Illustration damals etwas stiefmütterlich behandelt, aber ich habe mich wohl gefühlt, so viel Freiheit in dem Bereich zu haben – darüber hinaus gab es eine sehr fundierte Ausbildung in Grafikdesign und Typografie.
In Schweden habe ich meinen eigentlich Wunsch Animation zu studieren wahr gemacht. Dort habe ich in einem kleinen idyllischen Dorf, an einem Arm der Konstfack Universität Stockholm, mit 13 Studenten von morgens bis abends gezeichnet – eine sehr intensive und lehrreiche Zeit. Animation war aber letztendlich nicht meine Leidenschaft (da fehlte mir am Ende das Werk auf dem Papier). Das ist Illustration für mich geblieben.

Das erste, was ich dachte, als ich auf deine Website kam, war: Wow! So kleinteilig, so ausgearbeitet, komplett in schwarz weiß! Wie hast du dir deinen Stil angeeignet?

Nach meinem Diplom an der FH Düsseldorf (2007) beschloss ich eine Weltreise zu unternehmen. Ich habe meine Reise zeichnerisch dokumentiert und danach eine kleine Auflage des Reisetagebuchs drucken lassen. Auf der Reise gab es eine Tauchbegegnung mit Mantas. Das habe ich in einer schwarz-weiß schraffierten Zeichnung festgehalten – auf einer Schifffahrt durch die Kokosnusswälder in Kerala/Indien. Das Ganze war so meditativ, dass ich seitdem in dem Stil arbeite. Ich arbeite am liebsten Schwarz/Weiß – ich sehe darin immer eine größere Herausforderung, mit dieser starken Limitierung Eindrücke zu erwecken und die Farben obsolet zu machen.

Wie läuft ein typischer Arbeitstag bei dir ab?

Ich habe eine kleine einjährige Tochter, die meinen Arbeitsalltag zeitlich diktiert – wenn sie schläft, arbeite ich. Oder mein Mann ist zuhause, dann kann ich auch arbeiten. In der Elternzeit habe ich viele persönliche Projekte vorangetrieben – endlich mal wieder ein eigenes Buch (The Window) gezeichnet, die Siebdruckarbeit intensiviert und meine Webseite neu aufgesetzt. Ich habe für meine künftige Akquise eine Postkarte (I love Black & White) gestaltet und werde sie nach der Elternzeit in Umlauf bringen. Wichtige Jobs habe ich natürlich trotzdem angenommen und diese dann in Nachtschichten bewältigt. Das geht dann alles mit einer ordentlichen Portion Kaffee und einem verständnisvollen Partner.
Wenn ich einen Job angehe, recherchiere ich zuerst zum Thema/Auftrag/Firma, dann geht es an die Bleistiftskizze, die meistens schon so ausgearbeitet ist, dass ich darauf nur noch tuschen muß. Zum Tuschen verwende ich meine Namiki-Tusche-Feder und der wasserdichten, UV-echten Tusche “Noodler`s Ink” – das Arbeitsmaterial habe ich lange gesucht, insbesondere die lichtechte Pigmenttusche, die in einen Füller paßt und diesen nicht verstopft. Am Computer säubere ich die Zeichnung und koloriere sie eventuell.

Aus welchen Bereichen bekommst du deine Aufträge?

Ich habe aus unterschiedlichen Bereichen Aufträge. Natürlich auch nicht en masse, da ich mich durch meine Schwarz-Weiß-Fokussierung und dem Stil schon einschränke. Da gab es den lokalen, sympathischen Imker, der Stadthonig aus Leidenschaft anbaut, eine Vorliebe für Illustrationen hat und eigentlich Feuerwehrmann ist, oder den Peter Hammer Verlag, mit dem ich ein kleines Jugendbuch realisiert habe; von Magazinen bis hin zur klassischen Werbeagentur sind Anfragen dabei.
Eine der schönsten Arbeiten war dann eine kleine feine Tasse für das Fraunhofer Institut, bei der eine Bibliothekarin von vorne und hinten dargestellt wird – einmal modern – einmal antik. Ich arbeite zusätzlich als UserInterface-Designerin und habe in dieser Kombination eine solide Ausgangslage. In der Grafik-Branche sehe ich mich als absoluten Dienstleister, ich bin in Stilfragen flexibel, während ich im Illustrationsbereich “meinen eigenen Kopf” behalte.

Welche Erfahrungen hast du gemacht, wenn es um Akquise geht?

Man braucht auf jeden Fall eine Menge Geduld. Ich bin jetzt nicht umbedingt der Held in dieser Angelegenheit – besonders vor der Kalt-Akquise drücke ich mich gern. Dafür gestalte ich einmal im Jahr eine etwas aufwendigere Postkarte (sei es, dass die Falz besonders ist, der Druck, das Papier, das Thema…), schicke diese dann an ausgewählte Agenturen, Verlage, Magazine, Zeitungen und Bestandskunden und freue mich natürlich dann, wenn ich Antworten bekomme. Es ist schon vorgekommen, dass die Postkarten von Artdirektoren mitgenommen werden, die an neue Arbeitsplätze umziehen und plötzlich eine Agentur anruft, von der ich noch nichts gehört habe. Und das passiert dann alles nach einem Jahr, da hat man die Postkartenaktion schon gar nicht mehr im Blickfeld.

Gibt es Illu-Netzwerke und Veranstaltungen in Koeln, die du empfehlen kannst?

Ich bin unglaublich dankbar ueber unseren “Illusalon”, den wir hier in Koeln und Umgebung vor vier Jahren gegruendet haben. Wir haben uns auf dem jaehrlich stattfindenden Workshop des Bilderbuchmuseums in Troisdorf kennengelernt , und seitdem ist der Salon meine groessŸte berufliche Stuetze. Wir tauschen uns ca. alle 2 Monate auf unseren Treffen ueber unsere Projekte aus und helfen einander bei beruflichen Herausforderungen (wie Akquise-Tipps, professioneller Umgang mit Kunden, ..).
Mit einigen aus dem Salon haben wir auch das illu12-Festival im Zuge des 10-jaehrigen Jubilaeums der IO hier in Koeln auf die Beine gestellt – ein Augenoeffner – wieviel man doch in einer kleinen Gruppe engagierter Leute erreichen kann. Das hat uns auch motiviert, endlich unsere eigene Comic-Kompilation anzugehen – mit allem SchnickSchnack der dazugehoert.

Dankeschoen fuer das Interview, Antje!

Antje Herzog IO Portfolio
www.antjeherzog.de

www.illusalon.de

Alle Bilder zum Interview: Antje Herzog

Das Interview fuehrte Anne Quadflieg fuer die Illustratoren Organisation e.V.