Interview mit Christian Effenberger

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© Christian Effenberger

Interview mit Christian Effenberger

17.01.2018 | 2018 | Interview | IO-News | Personen und Meinungen

Christian Effenberger ist erfolgreicher Illustrator und Animator und unseren Mitgliedern als Schöpfer der IO-Sympathiefigur „Ulli“ und des IO-Imagefilms bekannt. Wir haben ihn zum Thema „Animation als Chance“ interviewt.

Du bist seit 2007 als Designer und Illustrator tätig. Wann hast du erstmals für einen Kunden Animationen erstellt?

Nach meiner Abschlussarbeit an der FH Mainz, einem Animationsfilm, fing ich mit Illustrationsjobs für Werbeagenturen und Verlage an, welche ich bis heute immer mal wieder machen darf. 2009 kam dann der erste „animierte“ Auftrag: 30 animierte Charaktere für ein Browser-Game, alles in Flash.

Kurz darauf folgte auch schon mein erster Erklärfilm, der die Serviceleistungen einer Bild-Agentur zum Inhalt hatte. Mit dem Kunden hatte ich Glück: Idee und Konzept kamen gut verpackt von ihm und es passte tatsächlich alles in 90 Sekunden. In vier Wochen waren wir fertig und ich hatte dadurch auch Kontakt zu einem Musiker bekommen, mit dem ich bis heute ab und zu zusammenarbeite.

Seitdem liegt mein Arbeitsschwerpunkt auf der Animation. Auch weil durch die übliche Projektdauer von vier bis acht Wochen für andere Jobs sowieso keine Zeit mehr bleibt.  Außerdem liebe ich es, die Entwürfe und Charaktere zum Leben zu erwecken, an der Konzeption mitzuarbeiten und hier meinen Drang zum Geschichtenerzählen auszuleben.

Was dir zum Beispiel beim IO-Imagefilm sehr gut gelungen ist. Mit welchen Programmen arbeitest du üblicherweise?

Die ersten Jahre habe ich mit Flash gearbeitet, wobei am Ende der Produktion schon immer alles in After Effects zusammengefügt wurde. Mittlerweile bin ich komplett auf After Effects umgestiegen. Ein paar Sachen lassen sich einfach komfortabler realisieren als in Flash und mit ein paar PlugIns hole ich mir wiederum ein paar Flash-Eigenschaften zurück, die ich in After Effects vermisst habe.

Hast du dir die nötigen Kenntnisse während des Studiums erworben oder dir alles selbst beigebracht?

Im Studium hat es mich bereits sehr bald zur Illustration und Animation getrieben. Damals gab es an der FH z. B. auch Kurse für traditionelle Animation an den genialen Leuchttischen mit runder Milchglasscheibe und auch für dramaturgisches Schreiben. Im parallelen Studiengang für Mediendesign konnte man als Kommunikationsdesigner ebenfalls Kurse belegen. Für Flash, After Effects oder Cinema 4D gab es hier Tutorien – für mich waren das optimale Lebensbedingungen.

Du bist schon seit einigen Jahren erfolgreich im Bereich Erklärfilm tätig. Ist es denn heute für Illustratoren einfacher, Animationen zu erstellen als noch vor 10 Jahren?

Auf jeden Fall. Die Programme werden immer komfortabler und dank der vielen Tutorials im Netz kann man recht schnell loslegen. Wobei ich es immer besser finde, wenn mir jemand die Funktionen persönlich zeigt, dann kann ich gleich nachhaken und die Verwirrung bleibt auf einem ertragbaren Level. Man muss sich auch  nicht unbedingt in die Adobe-Wolke verkriechen, um animieren zu können. Mit anderen Programmen, wie z.B. Clip Studio Paint, Moho, TV Paint und Toon Boom Harmony hat man einige Alternativen zur Hand. Um zu sehen, was einem liegt, sollte man natürlich ein bisschen Zeit einplanen. Ein klassischer Neujahrsvorsatz von mir, den ich mit regelmäßiger Zuverlässigkeit ins nächste Jahr verschiebe …

Aber dank dieser technischen Entwicklung sind einzelne Animatoren wie ich in der Lage, kurze Filme zu erstellen, für die man vor 10 oder 15 Jahren noch ein kleines Animationsstudio beauftragt hätte. Das ist ein interessanter Fortschritt und eine große Chance, hier mitzumischen.

Für uns Illustratoren bestimmt. Aber siehst du durch die Produktion animierter Illustrationen bzw. ganzer Filme durch eine Person auch einen Mehrwert für den Auftraggeber?

Der Austausch zwischen Kunde und Animator ist einfach intensiver und die Kommunikation muss nicht über eine dritte Person laufen, was ja auch immer wieder zu Missverständnissen führen kann. Man sollte allerdings dafür gut Zeit im Projekt einplanen, falls man einen Direktkunden hat. Sonst telefoniert man tagsüber und animiert nachts. Hab ich gehört.

Ich kann den Film auch stilistisch individueller gestalten, als z. B. Studios, die mit Animationen aus einem Baukastensystem und immer wieder wechselnden Besetzungen arbeiten. Letztere schießen seit ein paar Jahren wie Pilze aus dem Boden, was sich auch preislich bemerkbar macht. Es ist definitiv schwieriger geworden, auf ein angemessenes Honorar zu kommen und man muss Abstriche am Leistungsumfang machen. Im Gegenzug dazu steigt allerdings auch der Bedarf an animierten Inhalten weiterhin an, sodass ich das Ganze noch positiv sehe.

Umso wichtiger wird es, den Kunden seine Ideen, den grafischen Stil und die knackigen Animationen zu vermitteln und somit seine eigenen Nischen zu finden. Bei mir liegt der Fokus meist auf der Charakteranimation – Aktion/Reaktion, ich liebe es.

Du hast, wie schon gesagt, den Imagefilm der IO erstellt, der über das Leistungsspektrum unseres Berufsverbands informiert. Wie wichtig ist bei der Erstellung von Erklärfilmen die konzeptionelle Mitarbeit des Illustrators?

Sehr wichtig – wenn der Kunde es zulässt oder eben direkt bestellt hat. Denn bereits im Vorfeld der Produktion kann ein Konzeptioner mit einem Gespür für Timing mögliche Fallstricke ausräumen. Auch ein gutes Storytelling hilft dabei, ein inhaltlich komplexes und möglicherweise trockenes Fachthema zu visualisieren und es unterhaltend und emotional aufzulockern.

Lieber Christian, wir danken dir recht herzlich für das Interview und die interessanten Einblicke in die Welt der Animation.

Das Interview führte Matthias Bender.