Buchrezension

Buchrezension

11.02.2015 | 2015 | IO-News | Rund um Illustration

Rezension von Tim S. Weiffenbach

"Schritt für Schritt zur perfekten Illustration" scheint ein hehres Ziel für eine Publikation zu sein, doch die Autorin nähert sich diesem auf gut 388 Seiten erstaunlich weit an. Unabhängig vom Titel "Grundkurs Digitale Illustration“ beschäftigt sich das Buch mit den allgemeinen Grundlagen zeichnerischer Tätigkeit, um sich Kapitel für Kapitel vom analogen zum digitalen illustrieren vorzuarbeiten, die Gemeinsamkeiten und die Differenzen benennend.

Dieser umfassende Ansatz lässt sich sicher durch die Tatsache erklären, dass Nana Swiczinsky neben ihrer Tätigkeit als Illustratorin die private Ausbildungsstätte "Illuskills" in Wien betreibt. Hier lehren Dozenten aus der Praxis in Modulen die Grundlagen illustrativer Arbeit, dieser modulare Aufbau findet sich in der Publikation wieder.

Grundsätzlich zu betonen ist, dass die Publikation den Begriff „Grundkurs“ ernst nimmt und an die Materie eben auch sehr grundsätzlich heranführt – die Behandlung des Themas zielt mehr auf Breite denn auf Tiefe ab, bleibt dennoch aber nicht oberflächlich. Kompakt und gut verständlich wird der Leser in praktische Themen wie Bildkomposition, Farblehre, Tonwerte, Licht- und Schattensetzung, Fläche, Körper, Raum und Figur eingeführt. Die Erörterungen sind anschaulich bebildert und verständlich beschrieben, sodass auch der Profi hier gerne sein Wissen auffrischen kann. Die Autorin versäumt es auch nicht, einige Kapitel den Softskills des Illustrator-Daseins zu widmen; so finden sich sowohl Ratschläge zur Eigenmotivation, Ideenfindung, Recherche, Projektplanung und Arbeitsplatzgestaltung als auch Antworten und Hinweise zu Fragen der Berufsausübung (Akquise, Vergütung, Urheberrecht, Steuern etc.) mit Verweis auf Berufsverbände wie die Illustratoren Organisation e.V.

Schon sehr früh im Buch schwenkt die Autorin auf die Grundlagen des digitalen Illustrierens ein, beschränkt sich in den Beispielen aber auf die beiden Schlachtschiffe von Adobe, Photoshop und Illustrator, die natürlich auch zur Grundausstattung digital arbeitender Illustratoren zählen dürfen. Alternativen oder Ergänzungen wie GIMP, Manga Studio, Corel Painter, Autodesk Sketchbook Pro, Inkscape oder CorelDRAW werden nur kurz behandelt, das neue Affinity findet noch keine Erwähnung. Die Arbeitsbeispiele sind präzise beschrieben und umfangreich bebildert, sodass sie gut mir dem teilweise downloadbaren Material nachzuvollziehen sind. Hier lassen sich essentielle Arbeitsweisen, die speziellen Tools und die grundsätzlichen Strukturen der Programme verstehen und erlernen. Die sogenannten „Workshop“-Teile sind themenspezifisch eingestreut in das Buch und bilden einen guten Kontrapunkt zum theoretischen Umfeld. Ebenso finden sich Tipps zu Arbeitsgeräten und ShortCuts-Tabellen.

Wer allerdings auf umfangreiche Tutorials oder Spezialwissen hofft, wird wahrscheinlich enttäuscht sein und sollte sich daran erinnern, dass es hier um einen Grundkurs geht. Doch findet sich auch für den Profi und langjährigen Nutzer digitaler Mal- und Zeichenprogramme der ein oder andere Kniff, der entweder lange unentdeckt blieb oder in Vergessenheit geraten ist.

Fazit: Für Einsteiger ist das Buch sehr zu empfehlen, da es die Türen zur Welt der digitalen Illustration aufstößt und Lust auf mehr macht.

PS: Als lässliche Sünde darf der kontinuierlich widersprüchliche Gebrauch des Namens "Cyntiq" (richtig : Cintiq) zwischen Lauftext und Marginalien gelten.

erschienen im Verlag Galileo Design
29,90 Euro (inkl. Download Links für verschiedene Themenbeispiele/Vorlagen)