Inanspruchnahme des Endkunden bei ungenehmigter Nutzung

Inanspruchnahme des Endkunden bei ungenehmigter Nutzung

20.01.2022 | 2022 | IO-News

Eine immer wieder auftretende Problematik ist die ungenehmigte Nutzung von Illustrationen durch den Endkunden. Der*die Illustrator*in wird in diesen Fällen von einer Agentur beauftragt, Leistungen für deren Kunden zu erbringen. Vertragspartnerin ist also die Agentur, die die für ihren Endkunden benötigten Illustrationen und erforderlichen Nutzungsrechte bestellt und bezahlt. Grundsätzlich werden daher die Vertragsinhalte zwischen Agentur und Illustrator*in festgelegt. Eventuelle Streitigkeiten über eine Verletzung des Vertrags oder Vergütungsfragen werden also zwischen diesen Vertragsparteien ausgetragen.

Aber welche Möglichkeiten hat man, wenn man feststellt, dass der Endkunde die Illustrationen über den mit der Agentur vereinbarten Rahmen hinaus nutzt, z. B. für andere als die vorgesehenen Medien, oder wenn er nicht genehmigte Bearbeitungen vornimmt? Muss man sich ausschließlich um eine Reaktion der Agentur bemühen, die kein Interesse daran hat, ihren Kunden zu verärgern und in diesen Fällen daher häufig gar nicht, nur zögerlich oder ausweichend antwortet, um den*die Illustrator*in hinzuhalten?

Tatsächlich lässt die Gesetzeslage ein sofortiges Vorgehen gegen den Endkunden zu. Dieser ist es nämlich, der durch die ungenehmigte Nutzung der Illustration die Verletzung des Urheberrechts begeht. Und wer in seinen Rechten verletzt wird, kann unmittelbar gegen den Verletzenden (Endkunde) vorgehen, ohne den Umweg über die Vertragspartnerin (Agentur) gehen zu müssen. Mag Letztere sich mit ihrem Kunden streiten, falls dieser sich bei ihr beschwert.

Sollte die Agentur ihrem Kunden mehr Rechte verkauft haben als sie eingekauft hat, haftet sie mit ihm auf Schadensersatz. Sollte der Kunde aus eigenem Antrieb vertraglich nicht vereinbarte Rechte genutzt haben, ist er allein haftbar.

Diese Rechtslage ist natürlich ein geeignetes Mittel, um die Agentur unter Druck zu setzen. Vor einem Anschreiben an den Endkunden sollte der*die Illustrator*in sich daher am besten zunächst an die Agentur wenden und ihr eine Frist setzen, innerhalb der ihr Gelegenheit gegeben wird, den Sachverhalt zu regeln; sei es durch nachträgliche Lizenzierung, sei es durch Abstellen der Rechtsverletzung und Ersatz des bereits eingetretenen Schadens. Und für den Fall, dass dies nicht fristgerecht geschieht, kündigt man das juristische Vorgehen gegen den Endkunden an.

Nicht selten bezeichnet die Agentur dies als Erpressungsversuch. Das ist jedoch juristisch definitiv falsch. Vielmehr nimmt der*die in den eigenen Rechten verletzte Illustrator*in seine*ihre berechtigten Interessen wahr und droht lediglich mit der Durchsetzung der Forderungen. Lassen Sie sich also durch Ihren Vertragspartner weder hinhalten, noch ins Bockshorn jagen: Wenn Sie feststellen, dass ein Endkunde ungenehmigte Nutzungen vornimmt, informieren Sie Ihren Vertragspartner hierüber und fordern Sie ihn auf, den Sachverhalt unverzüglich zu regeln. Geschieht dies nicht, gehen Sie gegen den Endkunden vor.

Dirk Feldmann
Justiziar der IO