Was bedeuten die geänderten AGB bei Adobe?

i
Illustration: Christian Effenberger

Was bedeuten die geänderten AGB bei Adobe?

12.06.2024 | 2024 | IO-News | KI News
Aktuell sorgt eine Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Adobe für große Aufregung im Netz. Auch uns erreichten dazu zahlreiche Anfragen von besorgten Mitgliedern. Um etwas Licht in die Sache zu bringen, haben wir hier die wichtigsten Fakten zusammengestellt und eine juristische Einschätzung eingeholt.

Was ist passiert?

In der neuesten Fassung der US-amerikanischen AGB von Adobe gab es eine wesentliche Veränderung.

Dort hieß es bislang:

“We will only access, view or listen to your content in limited ways.” (Wir werden nur in begrenztem Umfang auf Ihre Inhalte zugreifen, sie ansehen oder anhören).

Jetzt steht dort:

“We may access, view or listen to your content through both automated and manual methods, but only in limited ways.” (“Wir können sowohl mit automatischen als auch mit manuellen Methoden auf Ihre Inhalte zugreifen, sie ansehen oder anhören, aber nur in begrenztem Umfang.).

Entscheidend sind hier die Worte „automatische und manuelle Methoden“. Adobe weist also nun explizit darauf hin, dass die eigenen Cloud-Systeme “Creative Cloud” und “Document Cloud” nicht nur maschinell, sondern auch durch menschliche Mitarbeiter durchsucht werden können.

Warum macht Adobe das?

Die Änderung findet sich – bislang – nur in den US-amerikanischen AGB. In den deutschen AGB taucht die manuelle Suche nun aber auch auf – und zwar in der Passage „4.1 Inhalte“. Dort wird auch der Hintergrund der Änderung klar. So schreibt Adobe:

„Adobe überprüft zwar nicht alle in die Dienste und Software hochgeladenen Inhalte, aber Adobe kann verfügbare Technologien, Anbieter und Verfahren, auch manuelle Überprüfungen, nutzen, um nach bestimmten Arten von illegalen Inhalten (z. B. Material über Kindesmissbrauch) oder anderen missbräuchlichen Inhalten oder Verhalten (z. B. Handlungsmustern, die auf unerwünschte Werbemails oder betrügerisches Entlocken sensibler Daten schließen lassen, oder Kennwörter, die den Schluss nahelegen, dass nicht jugendfreie Inhalte für Minderjährige zugänglich gemacht wurden) zu suchen.“

Es geht also um Moderation und die Suche nach illegalen und missbräuchlichen Inhalten. Wie Adobe in einem Blog-Post vom 6. Juni erklärt, benötige man den begrenzten Zugriff auf Inhalte, um die Einhaltung von Gesetzen etwa gegen Missbrauch sicherzustellen. Dazu setze man nun auch menschliche Moderatoren ein.

Welche Sorgen haben die Nutzer:innen?

Viele befürchten, dass der Hinweis auf die automatisierte Suche eine erste Weichenstellung von Adobe für ein KI-Training mit urheberrechtlich geschützten Inhalten sein könnte. Eine weitere große Sorge betrifft die Vertraulichkeit. So sind in den Clouddiensten auch viele sensible Arbeitsdaten wie Bilder und Filme gespeichert, zu denen die Nutzer:innen unter Umständen Geheimhaltungsverträge (Non-disclosure agreements, NDAs) mit den Kunden abgeschlossen haben. Durch menschliche Moderatoren erhöht sich also zumindest theoretisch die Gefahr, dass sensible Inhalte an die Öffentlichkeit gelangen. Die Folge könnten dann hohe Vertragsstrafen etc. sein.

Was sagt der Rechtsexperte?

Wir haben den Rechtsanwalt Dirk Feldmann (Unverzagt Rechtsanwälte, Hamburg) zu Rate gezogen. Er schreibt:

„Entsprechend der Zusicherung von Adobe darf die Sichtung des hochgeladenen Materials nur zur Suche nach illegalen Inhalten und missbräuchlichem Verhalten dienen, im Rahmen der geltenden Gesetze. Eine Nutzung ist weder zum KI-Training noch für sonstige Zwecke vorgesehen und wird mit Akzeptierung der AGB auch nicht erlaubt. Es erfolgt bei Nutzung von Adobe also kein Verstoß gegen vertragliche Vereinbarungen mit Kunden, wonach keine KI als Hilfsmittel benutzt werden darf. Es verbleiben auch sämtliche Nutzungsrechte beim Urheber.“

Eine Nutzung von Cloudinhalten für KI-Training ist also rechtlich ausgeschlossen. Adobe eignet sich zudem kein Urheberrecht an den Inhalten an. Beides bekräftigt Adobe auch in einem neuen Blog-Post vom 10.06. Darin entschuldigt sich das Unternehmen für die schlechte Kommunikation nach außen und kündigt für den 18.06. ein Update seiner AGB an, in dem klarer formuliert werden soll, was Adobe nun darf und was nicht.

Allerdings steht nach wie vor das Problem mit der Vertraulichkeit im Raum. So schreibt Dirk Feldmann weiter:

„Ein Problem liegt darin, dass die Geheimhaltung nicht mehr gewährleistet ist. Wer also eine Geheimhaltungsklausel unterzeichnet hat, sollte mit dem Kunden klären, ob dieser eine Nutzung von Adobe im Rahmen der Arbeitsprozesse erlaubt. Erlaubt der Kunde das nicht, oder will man überhaupt vermeiden, dass Adobe Zugriff erlangt, muss man sich auf lokale Rechner beschränken und auf einzelne Bearbeitungsmöglichkeiten verzichten.“

Ähnliches rät auch Autor André Kramer in seinem Artikel auf Heise Online:

„Die einfachste Lösung wäre, sensible, beispielsweise unter NDA stehende Inhalte, nicht online im Konto der Creative Cloud und der Document Cloud, sondern nur auf lokalen Datenträgern zu speichern, um sie dem Zugriff der US-Datenwächter von Adobe zu entziehen. Allerdings arbeiten einige Werkzeuge nur online. Lightroom CC speichert Bilder in der Cloud. Eine Alternative ist das lokal arbeitende Lightroom Classic.“

Was rät die IO?

Wir schließen uns den genannten Experten an. Illustrator:innen sollten sich bei ihren Kunden absichern und bei sensiblen Daten auf lokale Datenträger ausweichen. Da einige Funktionen jedoch nur online genutzt werden können und es zum Quasi-Monopolisten Adobe kaum Alternativen gibt, ist dies jedoch wohl nur eingeschränkt möglich. Es bleibt also unter Umständen ein Restrisiko.

In Bezug auf das KI-Training können wir aktuell Entwarnung geben. Allerdings gehen in naher Zukunft neue Dienste wie die KI-Agenten von Open-AI/Microsoft und Google an den Start, die autark auf dem heimischen Rechner arbeiten und dafür Zugriff auf den heimischen Screen und die Daten benötigen. Wir können daher nicht ausschließen, dass auch Adobe hier etwas plant, um nicht ins Hintertreffen zu geraten.

Ob das angekündigte weitere Update der AGB am 18.06. die Modifikationen „nur“ besser erklärt oder auch praktisch und juristisch verändert, bleibt abzuwarten. Wir werden den Prozess weiter beobachten und in unserem KI-Ticker über neue Entwicklungen informieren.

Weitere Informationen und FAQ zum Thema generative KI finden sich auch auf unserer Unterseite Generative Künstliche Intelligenz.