© 2021 Simone Fass
„Leichte“ Bilder? – Illustrationen für Leichte Sprache
26.05.2021 | 2021 | IO-News | Rund um IllustrationWas bedeutet hier „leicht“ und wofür ist es gut? Momentan wird über Regeln für Leichte Sprache diskutiert – und damit auch über die Richtlinien, die für Illustrationen in diesem Bereich gelten sollen. Was geschieht da genau?
Zunächst: Leichte Sprache dient dazu, Informationen für diejenigen einfach verständlich zu machen, denen es schwerfällt, komplexere Texte oder komplizierte Wörter zu verstehen. In der Regel handelt es sich um Personen mit Lernschwierigkeiten, die sich auf diese Weise selbstständig informieren und Entscheidungen treffen können.
Zurzeit kursieren verschiedene Regelwerke – die unterschiedliche Empfehlungen aussprechen. Seit Anfang 2020 arbeitet daher eine Expert*innengruppe für das Deutsche Institut für Normung (DIN) im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales an einheitlichen Empfehlungen für Deutsche Leichte Sprache. Als Beiratsmitglied der IO vertrete ich in dieser Runde den Bereich Illustration. Bei der Erarbeitung der Vorschläge ist deutlich geworden, dass alle Beteiligten es begrüßen, bald einen Leitfaden für Auswahl und Gestaltung von Bildern zur Hand zu haben.
Bilder spielen für diesen Bereich eine wichtige Rolle: Mit ihnen lässt sich anschaulich zeigen, worum es im Text geht. Sie machen neugierig und übermitteln Informationen nicht nur, sondern gliedern diese und tragen so dazu bei, dass Texte verstanden und Inhalte erinnert werden.
Dabei unterscheidet sich die Beziehung von Sprache und Bild bei Leichter Sprache von dem, was Illustrator*innen in der Ausbildung meist beigebracht bekommen. Während wir lernen, den Inhalt eines Textes nicht nur abzubilden, sondern auszuschmücken, zu erläutern oder zu interpretieren, ist es im Bereich Leichte Sprache oft zielführend, visuell zu wiederholen, was im Text beschrieben ist. Die grundsätzlichen Regeln scheinen simpel: Die Illustrationen sollen zum Text passen und mit klaren Formen und ausreichenden Kontrasten arbeiten. Jedes Bild sollte möglichst nur eine Kernaussage enthalten; dabei hilft es, wenn das Bild auf den ersten Blick zu überschauen ist und das Typische eines Gegenstands zeigt. Kurz: Ein Bild, das lebensnah eine typische Situation zeigt, die die Zielgruppe kennt, vermittelt oft am besten, worum es geht.
Diese und weitere Empfehlungen werden in der DIN SPEC nachzulesen sein, wenn der Prozess abgeschlossen ist, voraussichtlich Ende 2022.
Aber auch diese Richtlinien können nur einen Rahmen vorgeben. Zusätzlich sollte jeder Text und jedes Bild für Leichte Sprache, wenn möglich, auf Verständlichkeit geprüft werden. Derzeit passiert das bei Bildern meist „nebenher“. Um sie in den Fokus zu rücken, baut die visuelle Übersetzerin Simone Fass aktuell eine Prüfgruppe „Leichte Bilder“ auf. Dass diese Gruppe von IO-Mitgliedern moderiert wird, ist besonders erfreulich. Hier begutachten Menschen mit Lernschwierigkeiten, ob Illustrationen verständlich sind, und kommentieren sie. Schon in wenigen Prüfungen hat sich gezeigt, dass ihre Hinweise enorm helfen, Illustrationen lesbar zu machen und sie für den jeweiligen Anwendungskontext bestmöglich zu gestalten. Dabei spielt es übrigens keine Rolle, ob es sich um ausgewiesene Bilder für Leichte Sprache oder um informative Bilder im Allgemeinen handelt.
Schon dieser knappe Einblick belegt: Nicht nur die Arbeit an und mit den Empfehlungen für Leichte Sprache ist ein Prozess – der gesamte Bereich befindet sich zurzeit noch im Aufbau und in der Entwicklung. Das Stimmungsbild, das sich in Gesprächen mit Übersetzer*innen, Illustrator*innen und Prüfer*innen ergibt, ist eindeutig: Alle wünschen sich eine Entwicklung weg von stereotypen Bilddatenbanken (auch wenn diese für den kleinen Geldbeutel sehr hilfreich sein können) hin zu individuellen, durch Austausch mit der Zielgruppe bestmöglich gestalteten Bildern. Bildkonzepte sollten immer – nicht nur, aber auch für Leichte Sprache – individuell, konsistent und für Aufgabe und Zielgruppe angemessen sein.
Juliane Wenzl, Mitglied des Beirats der IO
Illustrationen: Simone Fass, Gestaltung: Diana Schackow.
Für weitere Informationen zu Bildern im Kontext Leichter Sprache sowie für einen Kontakt zur Prüfgruppe:
Aus dem PDF-Glossar von corona-leichte-sprache, nominiert für den Grimme Online Award 2021.