Procreate und Adobe Programme im Vergleich

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©2023 Meike Teichmann

Procreate und Adobe Programme im Vergleich

25.01.2023 | 2022 | IO-News | Rund um Illustration

Bereits 2011 kam die Mal- und Zeichenapp „Procreate“ für das iPad auf den Markt. Sie schöpft die künstlerischen Möglichkeiten, die das iPad bietet, voll aus. 2014 folgte dann die Version für das iPhone. Für eine einmalige Summe von derzeit $ 12,99 kann die App im App Store erworben werden, es ist also kein Abo-Modell. In meinen Augen zwingend dazukaufen solltet ihr euch den Apple Pencil, denn nur im Zusammenspiel mit dem druck- und neigungssensitiven Stift macht das Arbeiten so richtig Spaß!

Ihr arbeitet wie in Adobe Photoshop pixelbasiert und könnt in Procreate viele gewohnte Dinge aus der mächtigen Adobesoftware, vor allem aus Photoshop wieder finden. Ebenen funktionieren genauso, die Ebenenmodi auch, ebenso Auswahl, Transformieren und so fort. Es stehen euch außerdem eine Menge wunderbarer Pinsel zur Verfügung, sodass für jeden Einsatzzweck das Passende dabei ist. Und wenn doch nicht, könnt ihr euch eigene Pinsel erstellen oder welche importieren. Die Pinselbibliothek in Procreate ist wirklich sehr umfangreich und fast schon eine Wissenschaft für sich.

Mit Ebenen arbeitet es sich unheimlich flexibel, sodass ich sie gerne und ausgiebig nutze. Ihr könnt die Ebenen gruppieren, unterschiedliche Ebenenmodi auswählen, sie an- und ausschalten. Ein Muster auf einem Pullover zum Beispiel kann so schnell und einfach verändert oder wieder ganz gelöscht werden, ohne dass man in mühevoller Kleinarbeit alles neu malen muss.

Procreate bringt weitere schöne Dinge mit, zum Beispiel könnt ihr mit der App kleine Animationen erstellen. Einige Sekunden lang sind gar kein Problem. Möchtet ihr allerdings Erklärfilme oder aufwendigere animierte Projekte umsetzen, empfehle ich Adobe Aftereffects.

Die App kann auch mit Text arbeiten. Ihr könnt in euer Motiv also Schrift einfügen, diese bearbeiten, Schriftart und -größe definieren und noch ein wenig mehr. Dennoch darf man nicht hoffen, mit Procreate auch aufwendige Layoutarbeiten übernehmen zu können. Dafür ist die App nicht ausgelegt, greift also lieber zu Adobe InDesign. Für kleine, einfache Dinge reicht es aber. Möchtet ihr Fließtext setzen, ein Magazin gestalten und so fort, solltet ihr ein dafür geeignetes Layoutprogramm wählen. Procreate ist dazur da, Bilder zu erstellen.

Auch wenn ihr Fotos bearbeiten möchtet, eignen sich Adobe Lightroom oder Photoshop deutlich besser. Procreate bietet auch hier ein paar eingeschränkte Möglichkeiten, die oft für das gemalte Bild vollkommen ausreichen und sehr hilfreich sind. Für eine professionelle Fotoretusche braucht es aber oft doch mehr.

Wenn ihr illustrieren wollt, digital malen und zeichnen, dann ist Procreate wunderbar geeignet. Es bietet viele Möglichkeiten, kommt aber ein wenig schlanker daher als zum Beispiel Photoshop, das vor allem für Bildbearbeitung gedacht war. Im Zusammenspiel mit dem Apple Pencil ist die App unschlagbar. Speichern könnt ihr euer Motiv unter anderem auch im Photoshop-Format, wenn ihr noch in Photoshop weiterarbeiten möchtet. Eine eventuelle Umwandlung in einen anderen Farbraum solltet ihr ebenfalls dort vornehmen. Procreate bietet zwar einige unterschiedliche Farbprofile an, aber nicht die Möglichkeiten an Farbmanagement, die in den Adobe-Programmen stecken.

Alles in allem ist Procreate eine geniale Mal- und Zeichenapp, die für kleines Geld einen sehr großen Nutzungsumfang bietet und wunderbar auch professionell eingesetzt werden kann. Egal ob Bleistiftzeichnung, malerische Illustration, Comic oder Aquarell, Procreate bietet euch die verschiedensten Möglichkeiten. Viele Dinge sind zumindest im Ansatz möglich, sodass die App für verschiedene Einsätze wenigstens die Grundlagen mitbringt. Außerdem können die Daten mit Druckauflösung angelegt werden. Sie sind also ohne Probleme druckfähig und können neben einer Photoshop-Datei auch als PDF, jpg, tiff oder png gespeichert werden.

Möchtet ihr allerdings layouten, Fotos bearbeiten, mit Vektoren arbeiten, aufwendig animieren, dann haltet euch an Adobe, denn sie sind auf den Gebieten einfach führend. Jede Software für sich bringt in ihrem Bereich eine Unmenge an Werkzeugen mit und eignet sich damit sehr gut für den professionellen Einsatz, auch wenn die Software einen ab und an mit all ihren Möglichkeiten etwas überfordern kann.

Wenn ihr nun Lust bekommen habt, euch Procreate etwas näher anzusehen, dann darf ich mein dazugehöriges Handbuch empfehlen, erschienen im Rheinwerk Verlag. Dort findet ihr alle Werkzeuge, alle Möglichkeiten der App und viele Anwendungsbeispiele ausführlich erklärt und bebildert. Und wenn alles klappt, wird es über die Illustratoren Organisation in diesem Jahr auch noch einen Einsteiger-Workshop für Procreate mit mir geben. Ich würde mich freuen, euch dort begrüßen zu können.

Meike Teichmann (IO)